Oder:
Die Kunst panisch plappernd nicht zu beantworten was gefragt wurde, im soso festen Glauben es getan zu haben
Nachdem es uns im letzten Abschnitt unserer kleinen Reihe nur gelang die erste Spalte des Kreuzer-Interviews („Gegen wen lehnt man sich eigentlich noch auf?“) abzuhandeln, wollen wir uns nun der nächsten widmen, plus evtl. mehr, mal schauen. Je nachdem, wieviel Quatsch des Roten Salons hier auf max. 3 Seiten zu entpacken ist. Ausgehend vom bisherigen Quatschmaß, werden wir nicht sooo weit kommen.
In der Zweiten Spalte kommen wir zur zweiten Frage der interviewenden Person. Gefragt wird, übrigens nicht unclever: „Auf die Frage, gegen wen man sich noch auflehnen kann, muss man vielleicht nicht nur in die Stadt schauen, die sich weltoffen und gegen rechts gibt“. Ganz genau. Nicht nur die städtische Verwaltung kann hierfür ins Blickfeld geraten. Zudem, die Attitüde/Behauptung, weltoffen und im allerweitesten Sinne antifaschistisch zu sein, a) nichts über die tatsächliche Einstellungen aussagen muss, sondern im Zweifel nur darüber welcher Eindruck erweckt werden soll. Denn solcher Werbeeffekt kann auch konservativsten/ faschistischen politischen Personen recht sein, um die Hypezig-Welle weiter mitreiten zu können. Schließlich ist hier Geld und (nebenbei) den Linken ihr Viertel durch eine angeheizte Immobilienspekulation kaputt zu machen. Zudem, b) auch wenn das ernst gemeint wäre, dieses Meinen noch kein Handeln ist. Die Frage, ob diese Aussagen überhaupt ernst zu nehmen sind, kommt dem Roten Salon, scheints, nicht mal in den Sinn. Dass manche Politiker*innen manchmal lügen könnten, ist nicht möglich, oder? Nicht zu vergessen, c) die jeweilige aktuelle vordere politische Reihe, also die bekannteren Gesichter, zwar sozusagen die den Institutionen der Verwaltung vorstehenden Dienstherr*innen sind, doch sind die Ausführenden/ Umsetzenden mitunter, von Wahlen weitgehend unabhängig, seit Jahrzehnten im verwaltenden Betrieb tätig und bringen ihre eignen Vorstellung in die Interpretation von der Notwendigkeit des jeweilig angebrachten individuellen Enthusiasmus in der Umsetzung von Vorgaben mit. Will sagen, der AfD zugeneigte Bullen werden, selbst wenn ihnen mal irgendwann jemensch was davon erzählt hat, dass racial profiling böswillig und rassistisch ist, aufgrund ihrer Einstellung weiter einen tendenziellen Blick auf mögliche Verdächtige haben, wenn nicht Schlimmeres.
JWD
Jedenfalls fragt die interviewende Person, ob die wenige Kilometer in Richtung flaches Land vorzufindende politische Landschaft nicht Gründe genug dafür bereithalte, sich hier und da gegen was aufzulehnen.
Die Antwort ist geeignet zu amüsieren, da, scheint es, versucht wurde, solcherlei, neben dem verquasten Ja, mit zu nennen, was irgendwie qua Emotion assoziativ mitgedacht wird, ohne dass es wirklich was mit der Sache zu tun hätte. Denn die Begründung für das Ja lautet: Dort gäbe es noch Hardcore-Nazis (direkt aus den 90ern gefallen, klar – woher auch sonst). Und es gäbe noch die AfD und kommunale Bürgervereinigungen, unheimliche nämlich, die mit der CDU „zusammengehen“ würden. So richtig fest zusammen gehen, so mit Händchen halten auf dem Schulhof und Küssen auf den Mund in Speiseraum? Hier scheint die Vorstellung, was ein Nazi ist, am Hardcore-Nazi aus den 90ern zu hängen…, gibt es im Denken des Roten Salons keine modernen Nazis, vielleicht Softcore-Nazis zu nennen? Nein? Interessant, dass dabei gleich die AfD genannt wird. Sind das keine Nazis? Und jene Bürger*innen, die mit ihnen zusammenarbeiten, keine Nazis? CDU-Personal, das mit AfDler*innen und solchen Bürger*innen zusammenarbeitet, keine Nazis? Nein? Und die gibt’s also auf dem Land, in der Stadt LE gibt’s so was nicht? Nur die Glatzköpfe mit Springerstiefeln, Wampe und Bomberjacke – das sind die, worum es geht? Diese Definition problematischer Personen könnte direkt vom CDU-Landrat aus Schießmichtod fabriziert worden sein.
Nicht passt zur These des Roten Salons, daß die Gesellschaft angeblich allgemein antifaschistisch und eher links eingestellt sei, was im Zuge der Flüchtlingswelle in Sachsen geschah, was es an Reaktionen von besorgten Bürger*innen gab, rudimentärste Menschlichkeit. Der Rote Salon stört sich auch nicht daran, dass auch in LE die Wahlergebnisse der AfD tief blicken lassen. Kennte der Rote Salon z.B. die Mitte-Studie[1] der Friedrich-Ebert-Stiftung wüsste er, dem zugrundeliegende Einstellungen der Menschen mehr zu problematisieren und würde sie im Durchschnitt nicht als eigentlich doch emanzipatorisch imaginieren. Gerade jene sich durch Rechts-Populismus und dessen Normalisierung einfangen lassende Bürger*innen und das dem-Entgegenkommen der CDU/CSU in Sachsen und sonst wo.
Nicht nur der Hardcore-Nazi ist gefährlich (obwohl natürlich auch – NSU und so…), sondern gute Teile des Bürger- und Klein-Bürgertums, die Bewohner*innen der changierenden Grauzonen zwischen klarem (Neo-)Nazismus/Faschismus und wirklich menschlich zu nennenden Menschen. Wie groß ist diese Grauzone, die Zahlen jener Studie und anderer geben hiervon Eindrücke, trotzdem lässt sich darüber trefflich streiten, inwieweit die Gesellschaft faschisiert ist oder wird. So zu tun, als gäbe es dafür keine Indizien ist hingegen zumindest unredlich.
Was kann Grimma für Grimma, nur z.B.?
Im Nächsten Teil dazu, der wieder durch eine Frage, die dritte der interviewenden Person, eingeleitet wird, nimmt das Ganze dann noch mehr Schieflage an. Wird doch schon in der Frage selbst behauptet, dass es „offensichtlich“ linke Zentren eher in, z.B., Grimma als in Connewitz bräuchte. Wieso ist das offensichtlich? Woran ist dies Offensichtliche festgemacht? Wieso redet mensch hier plötzlich von einem mehr und weniger, wieso muss die jeweilige Notwendigkeit klassifiziert werden, abgestuft? Darf mensch nicht beides wünschenswert erscheinen?
Wobei wir gleich beim nächsten Punkt wären: dem Wünschen. Fahren morgen zwei Dutzend Linke nach Grimma, dort ein Haus zu besetzen und nen linken Jugenclub aufzumachen, sind 6 Wochen später die Hälfte davon verhaftet und/oder im Krankenhaus, die andere Hälfte hat aufgegeben und begibt sich wieder in die ausgesprochen relative Sicherheit mancher Stadtteile von Leipzig, oder eines Stadtteils in Dresden. Das war´s für Linke in Sachsen. Worüber reden wir hier also? Praxistauglichkeit? Geh mir wech. Lachhaft.
Damit soll nicht gesagt sein, dass es nicht Freundeskreise oder sogar kleine Läden auf dem Land und in den Gemeinden gäbe. Natürlich gibt es die da. Aber ein dem CI vergleichbarer Ort, an Größe und mind. früherem Einfluss ist dort völlig illusorisch. Und wäre zudem auch sinnlos, denn wie viele Menschen würde er da schon aufnehmen, selbst wenn diese extra aus den Nachbargemeinden kämen? Die Nazis täten es ihnen gleich und die Verwaltenden und die dortigen Bullen würden die Konfrontation dadurch zu vermeiden suchen, dass sie solche Orte verhinderten oder schnellstmöglich schlössen. Das Ganze ist ein Hirngespinnst/eine fixe Idee, als könne mesch das CI verpflanzen. Und dadurch entstünde, etwa in Grimma, eine Szene, die dem Umfeld des CI in LE auch nur ansatzweise entspräche.
So schiebt die interviewende Person wenigstens noch nach: Selbst wenn es in Grimma linke Zentren mehr bräuchte, bedeutete dies ja nicht, dass jene hier keine Berechtigung mehr hätten. Erneut: Genau, Punkt! Gibt eigentlich nichts zu erwidern… .
Jedoch, ach… Marcel vom Roten Salon muss noch was sagen. Es ist so tragikomisch. Und man kann einfach nicht wegschauen.
Sächsische Provinz sei scheiße. Die Menschen kämen nach Connewitz und gingen ins CI. Um dort zu sagen: Sächsische Provinz sei scheiße. Ichichich provo-&-projiziert auf All-Alles andere. Ach Mensch!
Es entstehe, sagt Marcel, so eine „selbstgenügsame Atmosphäre“, bei so Leuten wie Marcel. Wie das schon wieder nach diesem parteiflügel gewordnen geknechtetem Wagen echot… komisch. Gabs das nicht schon mal, in der ersten Spalte? Ach ja.
Ethnopluralismus im kommunalen Maßstab?
Dem bis dahin geäußerten, inhaltlichen Nichts folgt denn der nächste Gedankensprung der weniger als Blitz vielmehr als Kurzschluss erscheint. „Jeder und jede Einzelne“ habe ja dabei „mitgeholfen“, dass die Provinz so sei, wie sie sei, nämlich „scheiße“. Denn, wie schon in der ersten Spalte zu erkennen war, Schuld an dem was wo passiert, sind nicht die die eben dort dafür sorgen, dass die Dinge so werden, sondern jene die nix dagegen getan haben, weil sie gar nicht da waren. Klar. Nicht die Nazis und ihre Unterstützer*innen haben das Dritte Reich hervor gebracht, sondern so Leute wie Klaus Mann und Bert Brecht. Sind die doch weggegangen, ins Exil, die Schweine. Diese Schuld soll den an der Provinz Schuldigen aber nicht vorgeworfen werden, weil ist ja klar, wenn es da scheiße ist, dass mensch wegzieht. Ähh Moment…, es war da also schon scheiße bevor die weggezogen sind, die daran schuld sind, dass es da scheiße ist, weil sie weggezogen sind? Aha. Nun tja… wir sind sicher, dass in der Lektüre dieses Satzes eine statistische Größe von etwas um zwei Drittel aller Logikprofessor*inneen und –Student*innen an Hirnschlag sterben würden, käme er ihnen vor Augen. Aber natürlich könnte dem Roten Salon daraus kein Vorwurf gemacht werden… dass er Schuld daran hätte, oder so.
Jedenfalls, all die Schuldigen kämen halt nach LE und würden da in die linken Zentren gehen, die es da nicht geben darf, weil es die uffm Dorf braucht, weil da die ganzen Leute nicht mehr sind, die dann dahin gehen könnten, weil sie es müssten, aber natürlich nicht können, weil sie ja nicht da sind. Daher bräuchte es, so der Rote Salon, also in LE diese Zentren. Es wäre gut, wenn in LE solche Freiräume existierten. Aber es soll sie nicht geben. Denn sonst bliebe „dieses Ungleichgewicht auch weiter bestehen.“. Was???
Mensch wünscht sich also, dass etwas so sei, wie es nicht ist. Daher es nicht sein dürfe, wie es ist. Sondern anders. Super. Danke, für die geistreichen Anregungen.
Das wars wirklich. Die ersten zwei Spalten bestehen aus einem „Ja, weil Blödsinn“, dem ein „Nein, weil Blödsinn“ folgt. Es braucht keine linken Zentren, hier wie dort, weil es sie braucht, hier wie dort.
Abschweifung:
Und die interviewende Person mag resigniert in sich hinein geseufzt haben und wie Mutti mit halb überschlagender, aber in diesem Fall innerer Stimme geschrien haben: „Themenwechsel“. Als Onkel Alfred zur Weihnacht wieder anfing von dem einen bitterbösen Kanaken (ins Deutsche übersetzt: kanaka = Mensch) im Dorf zu berichten, dass der sich im Tante-Emma-Laden immer so komische Sachen kaufe, Nudeln oder so.
Abschweifung Ende
Sie, also nicht Mutti, sondern die interviewende Person, stellte denn auch die nächste Frage, die mit Vorherigem nicht viel zu tun hat. Doch erschöpft von so tiefschürfenden und -greifenden Gedanken, wie sie der Rote Salon in den ersten beiden Spalten des Interviews verlautbaren ließ wollen wir uns einer wohlverdienten Pause widmen, bevor wir fortfahren, aus der Haut zu fahren.
Und können all dies, heut abschließend, nur resümieren mit: der Rote Salon muss sterben, damit wir leben können.
[1] Die geforderte Mitte – Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2020/21 Hg. für die Friedrich-Ebert-Stiftung v. Franziska Schröter