Dem eigentlichen Reisebericht soll eine Entschuldigung für das lange Warten vorausgehen: Einige andere Ausflüge der Roten Allez! Fraktion, aber auch das Hadern innerhalb eines kreativen (Schreib)Prozesses haben die Verspätung zu verantworten, doch was lange währt, wird endlich gut – so hoffen wir zumindest.
Nach über vier Jahren war es wieder soweit: Das sogenannte „Derby of Love“ stand vor der Türe, das konnte sich natürlich auch die RA!F nicht entgehen lassen und so machte sich eine Kleingruppe schon am Vortag nach Lohnarbeitsschluss auf den Weg ´gen österreichischer Hauptstadt. Trotz kleinerer Mautplaketten- und Parkschwierigkeiten schafften wir es (zumindest körperlich) unversehrt zu einem lieben Menschen des Wiener Sport-Clubs, welcher uns für unseren gesamten Aufenthalt bei sich unterkommen ließ (an dieser Stelle noch einmal ein riesiges Dankeschön!).
Den restlichen ersten Abend verbrachten wir eigentlich nur mit gegenseitigem Beschnuppern und Kennenlernen. Hilfreich dabei: Bier, als das leer wurde Prosecco und als wir auch den schnabuliert hatten, blieb uns nur noch der Schnaps. Mit einem minimalen Kater ging es dann Freitag mit den ersten Sightseeing-Touren los.
Den Vormittag vor dem berüchtigten Derby verbrachten wir bei Konterbier und -cocktails auf dem Prater und kamen dabei in den Genuss der wohl edelsten Sanitäranlagen unserer Leben. Die waren so beeindruckend, dass gleich zwei von uns ihre mentale Verbindung entdeckten und sie ohne das Wissen des/der Anderen fotografisch festhielten, nur um dann draußen festzustellen, dass gleich zwei Doofe diesen Gedanken gehabt hatten.
Danach ging es dann schon nach Hernals, wo manch einer alte Bekannte, andere dafür neue Gesichter sowohl der Blau-Gelben als auch der Schwarz-Weißen trafen. Sowohl vor, als auch während und nach dem Spiel wurden wir dabei aufmerksam auf Schritt und Tritt von unseren Freund*innen der Friedhofstribüne betreut und so lernten wir auch die Gepflogenheiten auf ebenjener (echt steilen) Tribüne kennen. Die Lage des Stadions konnte dabei nicht cooler sein. Mitten im Wohngebiet liegt der Wiener Sport-Club Platz nämlich und daher konnte mensch auch den Nachbar*innen auf ihren Balkonen förmlich die Hand reichen, die ihren Sport-Club unterstützten. Über 6.500 Zuschauer*innen waren mit uns vor Ort und so wurde es (nach den Coronazeiten ungewohnt) kuschelig auf den Stufen, sodass ein Klobesuch eine kleine Herausforderung darstellte. Dafür konnten wir direkt aus erster Reihe hinterm Tor zuschauen und den Spielern beider Teams (natürlich nur in der Theorie) auf den Kopf spucken, wenn sie aus dem Spieler*innentunnel kamen.


Während die Friedhofstribüne schon früh sehr gut gefüllt war, stand mensch auf anderer Seite einer mehr als halbleeren blauen Tribüne gegenüber, die schon den/die ein oder andere*n sich wundern ließ. Das Statement der First Vienna Supporters (https://www.firstviennasupporters.com/statement-zum-sogenannten-dorby-of-love/) gibt über die Geschehnisse auf der anderen Seite Aufschluss, daher sei an dieser Stelle darauf verwiesen. Wir können uns dem offenen Brief unserer Freund*innen (https://www.friedhofstribuene.at/wordpress/offener-brief-an-die-fans-der-first-vienna/) nur anschließen und bedauern natürlich ebenso die Einlassschwierigkeiten, wenngleich wir an dieser Stelle erwähnen können, dass der Einlass bei vergleichbar zuschauerstarken Partien auch bei anderen Vereinen wie etwa Babelsberg ziemlich lange dauert, was an den Covid-Beschränkungen und G-Überprüfungen liegen dürfte. Das Eindringen der Bullerei in den Block und die darauffolgende Repression aktiver Fans lehnen wir selbstverständlich ebenfalls ab. Wir verstehen uns als aktive Fußballfans und halten „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“ für mehr als nur eine hohle Phase. Das Terrorisieren anderer Fans durch die Staatsgewalt aufgrund abgebrannter Bengalen war und ist absolut überflüssig und verurteilenswert. An dieser Stelle möchten wir uns mit den Betroffenen dieses Polizei„einsatzes“ solidarisieren.
Wenn auch das Ergebnis des Spiels recht eindeutig erscheint, so war es insbesondere in der zweiten Hälfte ein ziemlicher Nervenkitzel, den mensch auf der Friedhofstribüne miterlebte. Latte, Innenpfosten… irgendwann muss das Ding doch mal reingehen, dachten wir uns. Doch leider wollte das Runde einfach nicht ins Eckige (zumindest nicht in das von First Vienna). Trotz des Ergebnisses war die Stimmung auf beiden Tribünen sichtlich gut und auch für die Pyro-Liebhaber*innen gab es einiges zu bestaunen, denn die Blau-Gelben hatten offensichtlich keine Mühen gescheut, ordentlich Zündstoff mitreinzubekommen und so ergab sich der ein oder andere ansehnliche Anblick für unsere Pyroman*innen-Augen.

Doch auch auf schwarz-weißer Seite gab es etwas Ungewohntes zu bestaunen, denn wenn sie auch normalerweise mehr auf englischen Support setzen, so haben unsere Freund*innen für unsere Kampagne eine Ausnahme gemacht, sodass wir unsere stolzen 18qm an Solidarität für Lina bei ihnen entfalten durften. Einen riesigen Dank an dieser Stelle an euch und an all die lieben Menschen, die während und auch nach des Spiels unsere Choreo gefeiert haben. Ihr seid spitze!





Dass es sich bei dem „Derby of Love“ vor allem um eine Marketingstrategie handelte, wurde uns schon vor dem Spiel bewusst, denn auch wenn man oft hörte „Einige meiner besten Freund*innen stehen auf der anderen Tribüne“ so waren doch ein paar Spannungen zu spüren. Diese waren natürlich nicht mit „normalen“ Derbys vergleichbar, aber ein bisschen Derbystimmung kam dadurch dann doch noch auf. So folgte auf ein „Eat the rich“ Banner des WSC eine offensichtlich spontan gesprühte „Feed the rich“ Tapete von First Vienna, die zugegebenermaßen anfangs für etwas Verwirrung und teilweise auch Ablehnung auf der Friedhofstribüne sorgte. Nach Abpfiff brauchten wir ein paar Minuten um das Ergebnis zu verdauen, doch früher oder später konnte man rund um den Sport-Club Platz wieder Blau-Gelbe in den Armen von Schwarz-Weißen liegen sehen und umgekehrt. Wir ließen den Abend bei dem ein oder anderen alkoholischen Getränk und den nur zu empfehlenden Käsekrainern ausklingen, ehe wir uns gemeinsam auf den Heimweg machten.
Für den nächsten Tag hatten wir uns eigentlich einiges an Sightseeing vorgenommen, schafften am Ende aber nicht mal die Hälfte davon, da dieses ein oder andere alkoholische Getränk vom Vorabend manch einem und manch einer doch noch tiefer in den Knochen saß als ursprünglich gedacht. So machten wir uns auf zum „Narrenturm“ und begutachteten die dortige pathologisch-anatomische Sammlung (übrigens nicht zu empfehlen bei empfindlichen Mägen und schon gar nicht bei Katerübelkeit). Es folgte ein kleiner Bummel über einen der Universitätscampusse, der uns alle unsere Studienortswahl ein klein wenig bereuen ließ. Unser Mittag/Abendessen verzehrten wir in einem Restaurant, in dem wir einen Ingo antrafen, der lustigerweise nicht der letzte auf unserer Reise bleiben sollte. Dieser Samstag war vermutlich der härteste Tag für alle von uns, doch wenn man schon dabei war, konnte man jetzt auch nicht mehr aufhören, also sollte der Abend zumindest für den/die ein oder andere*n nicht weniger alkoholisch ausfallen als die vorigen. Die Energie reichte zwar nicht mehr, um sich mit fußballexternen (ja, sowas gibt´s!) Freund*innen in der Kneipe zu treffen, daher mussten die Armen dann leider zu uns kommen, doch nach Bier und Wein war bis 8 Uhr morgens aufbleiben plötzlich doch nicht mehr so schlimm und so konnten sich die, die gerade erst ins Bett gingen und die, die gerade aufgestanden waren, die Hand geben.



Nach angenehmen 4 Stunden Schlaf für mich rief dann der laufstärkste Tag, an dem wir zumindest einen Teil des Sightseeings wieder aufholen mussten. Den ganzen Mittag stromerten wir auf eigene Faust durch die wunderschöne Hauptstadt und trafen dabei das zweite Mal auf einen Ingo! Nachmittags gesellte sich eine weitere liebe Person des WSC zu unserer Reisegruppe hinzu und zeigte uns noch ein paar versteckte (architektonische, wie auch kulinarische) Insider-Schmankerl der Stadt. Auch hierfür nochmal ein großes Dankeschön für deine Mühe und deine Zeit! Der Abend endete wie gewohnt mit alkoholischen Kaltgetränken am Küchentisch, nur dass wir uns dieses Mal an altmodischen „Party“-Spielen versuchten und unsere Freundschafen bei Galgenmännchen und „Wer bin ich?“ auf die Probe stellten (Am Ende haben alle überlebt, auch die Männchen am Galgen).







Montagmittag sollte die Rückreise angetreten werden und da ich noch einige persönliche Ausflugsempfehlungen nachzuholen hatte (was natürlich nicht daran lag, dass ich sie vergessen hätte), machte ich mich schon früher noch einmal auf den Weg nach Döbling, um mir den Karl-Marx-Hof und die Hohe Warte von First Vienna zu Gemüte zu führen, während die anderen noch fröhlich weiterschlafen konnten. Nachdem ich auch das abgehakt hatte, konnten wir uns guten Gewissens (mit jeder Menge Käsekrainer im Gepäck) auf den Rückweg in Richtung Deutschland machen.




Noch einmal vielen, vielen Dank und die allerliebsten Grüße an die netten Menschen vom Wiener Sport-Club, die weder Kosten, Mühen, noch ihren Alkoholvorrat gescheut haben, uns bei sich unterzubringen und zu begleiten und natürlich an die netten Menschen von First Vienna, die wir kennenlernen durften. Wir erhoffen uns ein baldigen Wiedersehen mit allen von euch!
Eure Rote Allez! Fraktion
P.S.: Noch mehr Fotos vom „Derby of Love“ findet ihr bei Christian Bruckner und Gerhard Breitschopf.
La Pétroleuse